Schattenseiten der Stadtpolitik
Schöner Wohnen
Gerechtigkeit in der Stadt- und Wohnraumpolitik gehört zum Kern linker Forderungen. Lokale Initiativen setzen sich ein gegen Mieterhöhungen, Zwangsräumungen oder für sozialen Wohnungsbau und kritisieren »Gentrifizierung« und Leerstand. Insbesondere in den 1970er Jahren entbrannte in Deutschland der »Häuserkampf«: Leer stehende Immobilien wurden besetzt und illegal genutzt, um gegen Fehler in der Stadtentwicklung zu protestieren.
Nicht selten werden der Anstieg der Mieten, der knapper werdende Wohnraum und das Verhalten von Immobiliengesellschaften stark vereinfacht erklärt. Das vielschichtige soziale Phänomen Gentrifizierung wird immer wieder personalisiert und auf Parolen reduziert, wie »Yuppies verpisst Euch!«, »Bonzen raus« oder – ein Berliner Phänomen – »Schwaben raus« und »Schwaben jagen!«. Solche Sprüche reduzieren die Ursache des Problems auf das Fehlverhalten bestimmter Personengruppen und sehen die Lösung entsprechend in deren Beseitigung oder Vertreibung.
Strukturell können damit auch antisemitische Ressentiments bedient werden, denn historisch wie gegenwärtig richtet sich die Aufmerksamkeit immer wieder auf Jüdinnen und Juden, wenn soziale Probleme auf Einzelne abgewälzt werden sollen. Ihnen wird nachgesagt, habgierig und nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht zu sein, was sich in Bildern von Parasiten oder Raubtieren niederschlägt. Gerade in der Skandalisierung des sogenannten »Spekulantentums« tauchen diese tradierten Bilder wieder auf, wenn etwa von »Miethaien« oder »Heuschrecken« die Rede ist.